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Bei Europas Aktien könnte das Ende der Fahnenstange bald erreicht sein

Die Aktienkurse sind seit einem Tief im Juli um mehr als acht Prozent geklettert. Damit ist der Stoxx Europe 600 Index nur noch 4,8 Prozent entfernt von der Jahresendprognose, die zehn Banken in einer Umfrage von Bloomberg abgegeben haben.

Anfang des Monats sah es noch ganz anders aus: der Aktienmarkt steuerte mit den Sorgen um Griechenland auf eine Korrektur zu. Doch die Kurse erholten sich, nachdem diese Besorgnis abebbte. Investoren strömten in den Markt zurück, angezogen vom Konjunkturausblick und den Gewinnaussichten bei den Unternehmen der Region. Nach Einschätzung von Dirk Thiels, Leiter Investmentmanagement bei KBC Asset Management in Brüssel, spiegelt der derzeitige Stand des Stoxx 600 - 2,8 Prozent unter dem Rekord - jedoch einen Großteil des Optimismus bereits wider.

“Eine sehr gute Berichtssaison könnte uns ein bisschen höher treiben. Aber ich bin sicher, dass die meisten von uns froh wären, wenn wir das Jahr auf diesem Niveau beenden könnten”, sagte Thiels. “Wir hätten unsere Positionen in der Korrektur ausbauen können, haben aber den Zeitpunkt verpasst, und die Aktien sind nicht mehr billig”, fügte er an.

In diesem Jahr hat der Stoxx 600 bereits 18 Prozent zugelegt. Damit ist die Bewertung auf das 16,9-fache der erwarteten Gewinne seiner Mitglieder geklettert, im Vergleich zum 15,7-fachen am 7. Juli. Während die Strategen bei den vorherigen Kursschüben mit der Anpassung ihrer Prognosen nach oben kaum nachkamen, halten sie sich jetzt zurück. Ein Fünftel der Auguren geht mittlerweile von einem Rücksetzer gegenüber dem derzeitigen Niveau aus. Und Citigroup Inc., die vor einem Monat noch die größte Jahresrally vorausgesagt hatte, schwächte ihre Prognose ab.

Ramin Nakisa von der UBS Group AG zählt zu den zuversichtlicheren Strategen. Er schätzt, dass der Stoxx 600 das Jahr bei 440 Zählern, beziehungsweise 9,3 Prozent höher, beenden wird. Wenn es so käme, wäre es das beste Jahr für europäische Aktien seit 1999. Maßgeblich dazu beigetragen hätte die stärkste Rally in 17 Jahren.

“Die Unternehmensergebnisse werden letztlich diese Rally treiben”, sagte Nakisa, Stratege für globale Anlage Allokation bei der UBS in London. “Wir haben einen fantastischen Makro- Hintergrund, die Margen verbessern sich, die Wechselkursentwicklung ist sehr vorteilhaft und die Zentralbanken fahren eine akkommodierende Geldpolitik. Eine optimistische Einschätzung wird sich stark auszahlen. Der Markt hat das noch keinesfalls eingepreist.”

Der Euro hat sich in diesem Monat wieder abgeschwächt. Das stärkt die Gewinnaussichten der exportierenden Unternehmen. Zudem verbessern sich die Konjunkturdaten der Region. Bei den europäischen Unternehmen wird in diesem Jahr ein Gewinnanstieg von 6,7 Prozent erwartet, fünf Mal mehr als bei den US- Konzernen.

Richard Turnill, Chef-Investmentstratege der Alpha Strategies Group von BlackRock Inc., zeigt sich vorsichtiger. Er geht davon aus, dass sich die Kursgewinne abflachen werden, da die Hausse-Märkte weltweit - Europa eingeschlossen - reifer werden. “Das Bullen-Markt-Umfeld hat sich deutlich verändert”, sagte Turnhill bei einer Präsentation in London. “Einstellige Erträge und eine höhere Volatilität werden normaler werden. Wir müssen uns an niedrigere Erträge gewöhnen.”