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Jagd nach Europas Immobilien: Hedge-, Staats- und Immobilienfonds im beinharten Preiskampf

Als die Beteiligungsgesellschaft Lone Star Funds zum ersten Mal versuchte, den Londoner Immobilienentwickler Quintain Estates & Development zu übernehmen, bot sie den Besitzern einen Aufschlag von 22 Prozent auf den damaligen Kurs. Angesichts der starken Nachfrage nach Immobilien in ganz Europa gelang es der Hedgefondsgesellschaft Elliott Associates allerdings, einen höheren Preis herauszuschlagen.

Von Lone Star angefangen bis zu den Staatsfonds von Katar und China wächst das Interesse an europäischen Immobilien deutlich. Dazu trägt nicht zuletzt die Erholung der Wirtschaft hierzulande bei. Je größer die Fische sind, umso höher sind die Preise, die damit erzielt werden können. Lone Star musste letztendlich einen Aufschlag von 32 Prozent zahlen, bevor die Übernahme angekündigt wurde.

Investoren und Käufer werden von höheren Renditen als bei anderen Anlagen angelockt, angesichts der rekordniedrigen Zinsen und der Geldflut, mit der die EZB die Märkte überschwemmt hat, um das Wachstum anzukurbeln. Mit der wachsenden Nachfrage ist auch der Appetit auf größere Transaktionen gestiegen.

"Wir sehen immer größere Transaktionen, da Investoren eine kritische Masse und Größenvorteile erreichen wollen, um ihre Rendite zu maximieren", sagt Patricio Palomar, Director beim Makler CBRE Group Inc. "Die weltweit niedrigen Zinsen haben zur Folge gehabt, dass sich ein Geldberg aufgetürmt hat, der auf den Eintritt in den europäischen Markt wartet."

Geschlossene Immobilienfonds haben bis Ende September die Rekordsumme von 72 Mrd. Dollar für Investments in europäische Immobilien eingesammelt - gegenüber Jahresende 2014 bedeutet das ein Plus von 16 Mrd. Dollar, wie aus Zahlen des Datenanbieters Preqin hervorgeht. Dadurch steigen die Preise, da die Käufer um begrenzte Objekte auf dem Markt konkurrieren.

"Für Volumen und Objekt-Konzentration wird ein Aufschlag verlangt", sagt Mike Prew, ein Analyst bei Jefferies Group LLC. "Wer die Mittel nicht schnell genug einsetzt, hat sie in seiner Bilanz stecken, und das zerstört die Renditen."

Das bestätigt auch Palomar von CBRE: "Die Nachfrage nach großvolumigen Portfolios ist so groß, dass sich die Verkäufer dessen bewusst sind, einen Aufschlag verlangen zu können, wenn sie qualitativ hochwertige Portfolios mit guten Standorten verkaufen".

Im Durchschnitt kostete ein Immobilienportfolio in Europa im ersten Quartal 204,6 Mio. Euro, wie aus Daten des Analyseunternehmens Real Capital Analytics Inc. hervorgeht. Das ist der höchste Wert seit mindestens 2006. Im ersten Halbjahr kauften Investoren Portfolios im Gesamtwert von 61,5 Mrd. Euro, so viel wie seit 2007 nicht mehr.

Angelockt werden die Käufer nicht zuletzt von den höheren Gewinnen. Der Gesamtertrag bei Gewerbeimmobilien, eine Kombination aus Mieteinnahmen und Wertsteigerungen, betrug im zweiten Quartal in Europa 5,35 Prozent. Zum Vergleich: Der Stoxx Europe 600 Index büßte in dem Zeitraum inklusive reinvestierter Dividenden 2,5 Prozent ein und für europäische Investment-Grade- Bonds ging es 2,8 Prozent abwärts.

Zu den größten Deals zählte die Übernahme des Londoner Finanzzentrums Canary Wharf durch Qatar Investment Authority zusammen mit Brookfield Property Partners. China Investment Corp. kaufte zusammen mit AEW Europe zehn Einkaufszentren in Frankreich und Belgien für 1,3 Mrd. Euro. In Spanien überbot Merlin Properties Socimi SA aus Madrid den US-Interessenten Blackstone LP und kaufte die Büroimmobiliengesellschaft Testa Inmuebles en Renta SA für 1,79 Mrd. Euro.

Große Gewinner der gestiegenen Nachfrage sind die Anteilseigner der Unternehmen, die gekauft werden, wie aus Daten von Green Street Advisors hervorgeht. Häufig sind die Aufschläge bei Übernahmen so hoch, dass fast die gesamten Einsparungen, die der Käufer durch die Akquisition erzielt, an die Aktionäre des Verkäufers weitergegeben werden.