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Ökonomen-Stimmen zur Frankreich-Wahl

PARIS (dpa-AFX) - Die Parlamentswahl in Frankreich ist vollkommen anders ausgegangen, als es nach der ersten Runde vor einer Woche zu erwarten gewesen wäre. Überraschend gewinnt das linke Lager. Die rechtsnationale Partei Rassemblement National (RN) legt zu, hat aber keine Chance auf eine eigene Regierung. Das Mitte-Lager von Präsident Emmanuel Macron landet vor dem RN auf Platz zwei.

Wie geht es jetzt weiter in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Eurozone? Stimmen von Volkswirten zu der Frankreich-Wahl:

Bruno Cavalier, Chefvolkswirt ODDO BHF:

"Nach den Wahlen hat sich der Schwerpunkt in der Nationalversammlung nach links verschoben. Der linke Block befürwortet Steuererhöhungen und steht dem Problem der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen gleichgültig gegenüber. Das genaue Gegenteil von allem, was Macron in den letzten sieben Jahren tun wollte. ( ) Es gibt keinen Grund, dass die Risikoprämie bei Staatsanleihen wieder auf das Niveau von vor einem Monat zurückgehen sollte, als es dieses politische Risiko noch nicht gab. Vielmehr wird es Gründe für einen Anstieg geben, wenn sich der Haushaltsprozess verzögert oder wenn der finanzpolitische Kurs Frankreich von einem glaubwürdigen Weg zur Sanierung der Staatsfinanzen abbringt."

Peter Goves, Leiter Staatsschulden-Research MFS Investment Management:

"Politik in Frankreich wird weniger berechenbar und weniger nachvollziehbar - die Ungewissheit steigt. (...) Was nun kommt, ist angesichts der geteilten Nationalversammlung eine offene Frage. Denkbar sind eine 'Regenbogenkoalition' oder eine 'geschäftsführende Regierung'. Politisch mag das nicht die angenehmste Option sein, aber für die Märkte wäre es akzeptabel. (...) Die Beziehungen zur EU könnten sich anspannen, insbesondere im Fall eines Defizitverfahrens."

Berndt Fernow und Jens-Oliver Niklasch, LBBW:

"Das Linksbündnis will beispielsweise die Rentenreform zurückdrehen und die Massenkaufkraft stärken. Das lässt sich mit der von der EU geforderten Haushaltsdisziplin kaum vereinen. Die Liberalen wollen ihrerseits Steuererhöhungen vermeiden. Im Hinblick auf die brisanten Themen Innere Sicherheit und Migrationspolitik gilt es wiederum, dem RN kein weiteres Wasser auf seine Mühlen zu leiten. Parallelen zu Deutschland sind unübersehbar. Die Kapitalmärkte werden die Entwicklung in den kommenden Wochen genau beobachten."

Research-Team Dekabank:

"Eine stabile Regierung erscheint mit diesem Ergebnis nicht möglich und entsprechend werden Themen wie Haushaltskonsolidierung und Wirtschaftsreformen auf der Agenda nach hinten rutschen. Während eine breite Koalition aus Macrons Allianz, Teilen der Linken und den Republikanern das aus Marktsicht 'beste' Szenario wäre, wäre eine linke Minderheitsregierung das Negativszenario."

Thomas Gitzel, Chefvolkswirt VP Bank:

"Da kein Lager die absolute Mehrheit erreichte, wird sich eine Regierungsbildung als sehr schwierig erweisen. (...) Für die EU wäre eine Regierung unter Jean-Luc Mélenchon ein Schreckgespenst. Der bekennende EU-Gegner würde das Regelwerk der Union wie etwa den Stabilitäts- und Wachstumspakt wohl konsequent ignorieren. Frankreich als zweitgrößte Volkswirtschaft der EU würde zu einem destabilisierenden Faktor werden. (....) Statt der dringend notwendigen Konsolidierung des defizitären Haushalts droht sogar eine weitere Ausdehnung der Negativlücke, insbesondere dann, wenn die umstrittene Rentenreform von Emmanuel Macron wieder zurückgenommen würde."

Andrzej Szczepaniak, Volkswirt bei Nomura:

"Die linke Neue Volksfront hat die Erwartungen zwar deutlich übertroffen. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass sie regieren wird. Wir gehen davon aus, dass letztlich ein technokratischer Premierminister der politischen Mitte eingesetzt werden wird."

Stephen Dover, Leite Franklin Templeton Institute:

"Frankreich steht mittelfristig immer noch vor großen Herausforderungen, darunter die Haushaltskonsolidierung, die langfristige Tragfähigkeit der wichtigsten Säulen des Sozialvertrags (Renten, Gesundheitswesen) und die dringende Notwendigkeit, die Produktivität zu steigern. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass eine aus der Not heraus konstruierte Mehrheit (um die extreme Rechte von der Macht fernzuhalten) über das politische Kapital verfügt, um die langfristigen Herausforderungen Frankreichs anzugehen."

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