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Börse Frankfurt-News: "Forcierte Zinsfantasien" (Anleihen)

FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Der September ist Zinssenkungsmonat, sowohl für EZB als auch US-Notenbank - so der Tenor am Markt. Auf der am Donnerstag stattfindenden Fed-Sitzung werde noch nichts passieren. Bei den Unternehmensanleihen sind viele Kurzläufer gefragt, aber nicht nur.

26. Juli 2024. Konjunktur-Blues in Deutschland: Das ifo-Geschäftsklima ist im Juli den dritten Monat in Folge gesunken. "Konjunktursorgen machen sich breit, was die Zinssenkungserwartungen anheizt", erklärt Anleiheanalyst Hauke Siemßen von der Commerzbank. Zudem ist die Nervosität am Aktienmarkt gestiegen. Enttäuschende Quartalszahlen und Gewinnmitnahmen in der Tech-Branche setzen Aktien zu. "Die als sicher geltenden Anleihen blieben gefragt", berichtet Anleihehändler Tim Oechsner von der Steubing AG.

Die US-Wirtschaft läuft allerdings gut: Das Bruttoinlandsprodukt ist im zweiten Quartal 2024 überraschend deutlich gewachsen. "Auch wenn die Wirtschaft bis Jahresende wieder etwas abkühlen dürfte, haben die Währungshüter angesichts der soliden Wirtschaftsdaten wohl keine Eile, die Zinszügel zu lockern", kommentiert Alexander Buhrow von der DZ Bank. Für die kommende Woche anstehende US-Notenbanksitzung wird am Markt einhellig mit keinem Zinsschritt gerechnet.

Zinssenkungen fest eingepreist

Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen liegt am Freitagmorgen bei 2,45 Prozent und damit in etwa auf dem Niveau vor einer Woche. Anfang des Monats waren es allerdings noch 2,60 Prozent. Deutlicher aus wirken sich die Zinssenkungserwartungen im zweijährigen Bereich: Die Rendite zweijähriger Bundesanleihen sank zeitweise auf 2,63 Prozent, das ist das niedrigste Niveau seit Anfang Februar.

Im Handel mit Staats- und staatsnahen Anleihen geht bei der Steubing AG einiges um in Bonds der Europäische Union, die 2029 fällig sind und derzeit 2,8 Prozent abwerfen (EU000A3L1CN4).

Kurzläufer beliebt

Insgesamt ist es ruhiger geworden im Handel. "Die Sommerferien machen sich bemerkbar", erklärt Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank. Arthur Brunner von der ICF Bank meldet ebenfalls einen ferienbedingt ruhigen Handel. Gleichzeitig sieht er eine gute Nachfrage nach ein- bis zweijährigen Papieren. "Man geht davon aus, dass die EZB die Leitzinsen im September weiter senken wird, und will die noch hohen Zinsen festmachen." "Anleihen im kurzfristigen Bereich sind gesucht, um von fallenden Leitzinsen zu profitieren", berichtet auch Oechsner von der Steubing AG.

Grenke, Eon, Telekom und Nestlé gesucht, ebenfalls US-Dollar-Bonds

Gefragt sind Oechsner zufolge aber auch Papiere bekannter Namen mit etwas längerer Laufzeit, etwa von Grenke mit Fälligkeit 2029 und aktueller Rendite von 5,05 Prozent (XS2828685631) und Eon, ebenfalls fällig 2029, mit 3,12 Prozent (XS2673536541). Daniel meldet Käufe für Ende kommenden Jahres fällige Anleihen der Deutschen Telekom mit aktueller Rendite von 3,23 Prozent (XS1828032786) und Nestlé mit Fälligkeit 2026 und 2,85 Prozent (XS2350621863).

Bei der ICF sind Bonds der EnBW International Finance (XS2862984601) und Hörmann Industries (NO0012938325) gefragt. Auf den Verkaufslisten stünden hingegen Papiere von Katjesgreenfood (DE000A30V3F1). "Nach der Mehrheitsübernahme des Bio-Müsli-Anbieters mymuesli AG durch Katjesgreenfood wird eine neue Anleihe erwartet", erklärt Brunner.

Beliebt sind bei der Steubing AG derzeit auch viele US-Dollar-Bonds, Beispiele sind Papiere von BP (US05565QDH83), PepsiCo (US713448FY94), John Deere (US24422EWZ86) sowie Microsoft (US61747YFT73) - mit Laufzeiten zwischen vier und elf Jahren und Renditen um 4,8 Prozent. Selbst ein extremer US-Dollar-Langläufer komme gut an, und zwar von Electricité de France bis 2114 mit aktuell 6,3 Prozent (USF2893TAL01).

Baywa lässt Tiefs hinter sich

Nach einem tiefen Fall hat sich die Hybridanleihe des Münchner Agrarhändlers Baywa (DE000A351PD9) zuletzt etwas erholt, wie Daniel berichtet. Der Konzern hatte vor zwei Wochen mitgeteilt, ein Sanierungsgutachten in Auftrag gegeben zu haben. Die Anleihe fiel von 94 Prozent auf im Tief unter 30 Prozent, am Freitagmorgen sind es wieder 47,5 Prozent.

Die Sanierungsexperten von Roland Berger arbeiten seit zwei Wochen an einem Konzept für die Baywa, wie die FAZ berichtet. Zudem habe das aus der Genossenschaftsbewegung hervorgegangene Unternehmen ein Gesellschafterdarlehen in mittlerer zweistelliger Millionenhöhe erhalten. Laut FAZ lasten auf der Baywa nach einer kreditfinanzierten Expansion kurz- und langfristige Schulden von fast 6 Milliarden Euro, vor allen durch die Tochtergesellschaft Baywa Re, die Solar- und Windparkprojekte entwickelt.

Von Anna-Maria Borse, 26. Juli 2024 © Deutsche Börse AG

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)

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