OMV-Chef: Wenn Gazprom kein Gas mehr liefert, wird nicht bezahlt / CEO Stern: Gasimporte aus Russland 40 Prozent unter Vorkriegsniveau - OMV-Produktion im 3. Quartal gesunken, Gewinn halbiert
--------------------------------------------------------------------- AKTUALISIERUNGS-HINWEIS Neu: Ausführliche Fassung nach Gespräch mit OMV-Chef Stern, zur Gänze neu geschrieben ---------------------------------------------------------------------
Die OMV hat in den letzten Jahren intensiv daran gearbeitet, Alternativen zu Gasimporten aus Russland zu finden - derzeit liege die aus Russland bezogene Gasmenge etwas über 40 Prozent unter dem Niveau vor dem Ukraine-Krieg, sagte OMV-Chef Alfred Stern zur APA. Wenn die Ukraine wie angekündigt mit Jahresende die Durchleitung von russischem Gas blockiert, fällt auch diese Menge weg. "Wenn kein Gas geliefert wird, dann werden wir natürlich auch nichts bezahlen", so Stern.
"Wir sind heute in einer Position, dass die OMV alle ihre Kundenverpflichtungen auch ohne die russischen Gaslieferungen erfüllen kann", bekräftigte Stern am Dienstag. Der Vertrag mit dem russischen Gazprom-Konzern sei ein "Take-or-Pay"-Vertrag. "Wir haben als OMV die Möglichkeit, Gas zu nehmen und zu bezahlen - oder wir haben die Möglichkeit, kein Gas zu nehmen und trotzdem zu bezahlen. Wirtschaftlich macht das keinen Sinn", denn es gebe keine rechtlichen Rahmenbedingungen, die die Annahme des russischen Gases verbieten würden. "Wir sind bei unserem Vorgehen jederzeit sanktions- und rechtskonform." Die Situation wäre aber eine andere, wenn Gazprom kein Gas mehr liefere - dann werde man auch nichts bezahlen.
Die OMV hat bereits seit Anfang letzten Jahres unterschiedliche Schiedsverfahren gegen die Gazprom laufen, nun zeichnet sich ein weiterer Rechtsstreit ab.
Die Geschäfte laufen für die OMV derzeit nicht so gut wie im Vorjahr. Der Umsatz ging im 3. Quartal um 9 Prozent auf 8,645 Mrd. Euro zurück, der den Aktionären zuzurechnende Periodenüberschuss sank um 49 Prozent auf 241 Mio. Euro und das Ergebnis je Aktie halbierte sich ebenfalls auf 0,74 Euro. Das CCS Operative Ergebnis vor Sondereffekten - eine um Lagerbewertungseffekte bereinigte Kennzahl - ging im 3. Quartal um 21 Prozent auf 1,051 Mrd. Euro zurück.
Das liege vor allem daran, dass die Preise für Öl und Gas gegenüber dem Vorjahr gesunken seien, sagte der OMV-Chef. Dazu komme der Produktionsausfall in Libyen im August und September aufgrund von Unruhen - die OMV hat dort 9 Prozent ihrer Produktion. "Das zweite ist im Kraftstoffbereich, wo wir auch in der Raffinerie ein schwächeres Ergebnis gesehen haben, weil die Raffineriemargen dort gesunken sind - allerdings kompensiert durch ein sehr gutes Tankstellengeschäft."
In der Chemie-Sparte sei man bereits im dritten Quartal von Verbesserungen. "Chemie hat im dritten Quartal wieder ungefähr ein Drittel zum operativen Cashflow beigetragen. Das zeigt die Stärke des integrierten Geschäftsmodells: Wir haben im Chemiebereich ungefähr 150 Mio. Euro Resultatverbesserung gegenüber vor einem Jahr."
Der Cashflow sei eine wichtige Kennzahl, "weil das treibt die Finanzierung unserer Investitionsprojekte und die Dividendenpolitik, die uns sehr wichtig ist". Der Cashflow aus der Betriebstätigkeit exklusive Net-Working-Capital-Positionen war im 3. Quartal mit 1,391 Mrd. Euro um ein Viertel niedriger als vor einem Jahr, über drei Quartale betrachtet legte er um 18 Prozent auf 4,14 Mrd. Euro zu.
Die OMV erwartet für 2024 einen durchschnittlichen Brent-Rohölpreis zwischen 80 und 85 Dollar pro Fass - die bisherige Prognose hatte auf 85 Dollar gelautet. 2023 hatte der Brent-Preis 83 Dollar betragen. Der durchschnittlich realisierte Gaspreis wird für heuer bei rund 25 Euro je Megawattstunde erwartet (2023: 29 Euro je MWh).
Nichts Neues hat Stern über die Verhandlungen mit Abu Dhabi über einen Zusammenschluss der OMV-Tochter Borealis und dem ADNOC/Borealis-Joint-Venture Borouge zu berichten - dort war eine Einigung schon für Ende 2023 erwartet worden. "Diese Diskussionen mit der ADNOC laufen nach wie vor und sind nach wie vor ergebnisoffen", hält sich Stern an das bisherige Wording.
Im Plan liegt man laut Stern hingegen beim Gasprojekt Neptun Deep im rumänischen Schwarzen Meer. "Das Ziel ist, dass wir im ersten Quartal nächsten Jahres mit den Bohrungen beginnen. Das Transocean Drilling Rigg ist bereits unterwegs ins Schwarze Meer." Bis 2027 wolle man dort in die Produktion kommen.
"Wir haben Gas ja als unbedingt notwendige Brückentechnologie für die Energiewende in unserer Strategie drinnen", erklärte Stern. "Das ist ein wirklich wichtiges Projekt, nicht nur für Rumänien, sondern für die EU insgesamt. Das ist das größte Gasentwicklungsprojekt in der EU-27. Rumänien kann damit gasunabhängig und zum Exporteur von Gas werden." Im Vergleich zu LNG mache das Projekt absolut Sinn - nicht nur, was die Kosten betrifft, sondern auch im Hinblick auf die Umwelt und die Energieeffizienz.
ivn/cri
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