FRANKFURT (dpa-AFX) - Anleger machen am Donnerstag bei den zuletzt
stark gelaufenen deutschen Aktien verstärkt Kasse. Am Tag vor dem
großen Verfall an den Terminbörsen zollte der Dax
seiner Rekordrally Tribut. Er fiel am Nachmittag um 1,57 Prozent auf
22.922 Punkte. Nach bis zu 18 Prozent Plus im laufenden Jahr fehlt
den Anlegern derzeit der Wille, die Kurse weiter nach oben zu
treiben. Zeitweise hatte der Leitindex auf seiner Talfahrt sogar bis
zu zwei Prozent eingebüßt.
Der MDax der mittelgroßen Unternehmen gab am
Nachmittag noch deutlicher um 2,30 Prozent auf 28.963 Zähler nach,
während der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 mehr als
ein Prozent einbüßte. Eine Erholung, die es am Vorabend an den
US-Börsen in erster Reaktion auf die geldpolitischen Signale der Fed
gab, setzte sich im frühen New Yorker Handel nicht fort.
Von den Zinssignalen der US-Notenbank Fed, die auf zwei kleine
Zinsschritte in diesem Jahr hindeuten, konnte der deutsche
Aktienmarkt nicht profitieren. Laut dem Marktbeobachter Christian
Henke vom Broker IG werden die Blicke wieder vermehrt auf die
Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump gerichtet - und die damit
verbundene Gefahr, dass die Fed nur eine Zinssenkung vornimmt oder
sogar ganz darauf verzichten könnte.
Analyst Christian Reicherter von der DZ Bank sprach von zahlreichen
Unsicherheitsfaktoren, die die Währungshüter weiter vorsichtig
stimmten. Laut der Pimco-Ökonomin Tiffany Wilding ist in den
Vereinigten Staaten ein "Spagat zwischen steigender Inflation und
zunehmenden Rezessionsrisiken" notwendig.
Einer der größten Dax-Verlierer war Rheinmetall wegen
anhaltender Gewinnmitnahmen, die sich im Rüstungsbereich allgemein
zeigten. Auch bei Banken realisierten die Anleger Kursgewinne.
Deutsche Bank und Commerzbank
verzeichneten Kurseinbußen von bis zu vier Prozent. Diese drei
Aktien zählen in diesem Jahr zu den stärksten Dax-Werten.
Im deutschen Leitindex verblieben nur wenige Aktien mit positivem
Vorzeichen. Ein Plus von 0,3 Prozent gab es bei SAP ,
nachdem JPMorgan den Aktien des Softwarekonzerns den Status
"Positive Catalyst Watch" verlieh und damit positive Kurstreiber in
Aussicht stellte. Er erwähnte dabei die Chancen im Bereich der
Künstlichen Intelligenz und eine Kurskorrektur, die im Februar
eingesetzt hatte. Diese bringe eine attraktive Kaufgelegenheit mit
sich.
Mehrere deutsche Unternehmen legten Zahlen vor. Bei RWE
war das Gesamtbild mit guten Jahreszahlen, aber einem
laut Händlern "gedämpften Ausblick" gemischt. Dies reichte nicht, um
den Kurs des Energiekonzerns nach gutem Lauf weiter zu stützen. Für
die Aktien ging es um 3,4 Prozent nach unten.
Im MDax standen die RTL-Aktien mit vier Prozent unter
Druck. Bernstein-Analystin Annick Maas attestierte dem Medienkonzern
zwar ermutigende Umsätze im Streaming-Geschäft, aber auch ein
weiteres schwaches Jahr der Produktionssparte Fremantle. Nach einem
Kurshoch seit mehr als einem Jahr wurden bei der Aktie wohl auch
Gewinne realisiert.
Der größte MDax-Verlierer waren Lanxess mit einem
siebenprozentigen Abschlag. Damit beschleunigte sich der jüngste
Abwärtstrend bei dem Spezialchemiekonzern nach einer Rally, die
Anfang März zu Ende ging. Am Markt wurde das Minus mit einem
enttäuschenden Ausblick begründet. Chetan Udeshi von JPMorgan
vermisst im ersten Quartal die Aussicht auf ein saisonal übliches
Anspringen der Geschäfte.
Als größter SDax -Verlierer entpuppte sich SGL
mit einem Kurseinbruch um 15 Prozent. Dafür
verantwortlich gemacht wurde eine maue Prognose mit einem Umsatz-
und Ergebnisrückgang. Die Aktien büßten ihre Kursgewinne seit Mitte
Februar mit einem Schlag ein und sackten unter ihre 21-Tage-Linie.
Die Gewinnmitnahmen im Rüstungsbereich machten sich auch bei Deutz
mit einem Kursrutsch um 13 Prozent bemerkbar. Bei dem
Motorenbauer hatte sich zuletzt auch Fantasie entwickelt, die nun
schwindet. Daran änderte auch die Aussage nichts, dass das bislang
nur kleine Geschäft in diesem Bereich deutlich ausgeweitet werden
soll./tih/jha/