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Morrien: Das Dollar-Comeback: Schlecht für Gold und europäische Aktien

Aus einem Kursgewitter zu Beginn der Woche wurde heute an einigen Aktienmärkten ein ungemütlicher Sturm. Der österreichische Leitindex ATX verlor ohne besondere Meldung über 5%. Der DAX verlor 2,5%, der MDax und der TecDax jeweils über 4%. An der Wall Street waren die Verluste moderater. Der Dow Jones verlor nur 1,21% und der S&P 500 1,95%.

Die in den Medien genannten Begründungen für die Kursabschläge können mich nicht wirklich überzeugen. Sicherlich war der Rückgang der Hausverkäufe in den USA eine schlechte Nachricht. Eine ganz grosse Überraschung ist das aus meiner Sicht jedoch auch nicht. Seit 4 Monaten steigen die Hauspreise in den USA. Einige "Schnäppchenjäger", die noch nicht fündig geworden sind, werden auf Rückschläge warten. Steigende Hauspreise belasten die Nachfrage.

Negative Ausreisser wie SAP trüben das insgesamt positive Bild in der Technologie-Branche

Sehr negativ wurden auch die Quartalszahlen von SAP aufgenommen. Mit einem Kursabschlag von fast 8% war die SAP-Aktie der Tagesverlierer im DAX. Allerdings gilt auch hier - wie auch schon für Nokia und einige andere prominente Negativ-Ausreisser: Wo Licht ist, ist auch Schatten.

Die grosse Mehrzahl der veröffentlichten Quartalszahlen waren bisher besser als erwartet. Auch heute präsentierten in der Technologie-Branche zum Beispiel Symantec und Akamai starke Zahlen. Einen allgemeinen Negativ-Trend gibt es in der Technologie-Branche nicht.

Der Devisenmarkt rückt in den Fokus

Die SAP-Zahlen und die Immobilien-Daten rechtfertigen keine grösseren Kursabschläge im Gesamtmarkt. Es muss andere Gründe geben. Schauen wir daher auf die wenigen Gewinner des Tages: Die Aktienindizes liegen im Minus und auch fast alle Rohstoffpreise sind gesunken. Spannend ist der Devisenmarkt. Der Dollar hat gewonnen!

Mussten vor wenigen Tagen noch mehr als 1,50 USD je Euro gezahlt werden, reichen jetzt bereits 1,47 USD. Am Devisenmarkt ist das eine relativ schnelle und starke Bewegung. Noch ist offen, ob der USD im Abwärtstrend nur kurz eine Pause einlegt, oder ob die US-Währung einen positiven Trendwechsel einleiten kann. Das hätte enormen Einfluss auf die Rohstoff- und Aktienmärkte.

Gewinnt der USD an Wert, dürften Öl und Gold unter Druck geraten. Das passiert bereits. Der Goldpreis gilt traditionell als Gegengewicht zum USD. Fällt der USD, steigt der Goldpreis und umgekehrt. Auch beim Ölpreis gibt es in abgeschwächter Form eine solche Verbindung. Da die Öl-Förderer in USD bezahlt werden, versuchen sie, in schwachen USD-Phasen die Preise zu erhöhen, um die Kaufkraft zu erhalten.

US-Investoren profitierten in Europa von Kurs- und Währungsgewinnen

Während der Zusammenhang US-Währung und Rohstoffe häufig thematisiert wird, ist die Verbindung von Devisen- und Aktienmarkt etwas komplexer. Betrachten wir die Ausgangslage: Die US-Investoren, die im Frühjahr 2009 europäische Aktien erworben haben, profitierten von einem doppelten Gewinnhebel. Die Kurse der Aktien sind gestiegen und der Euro hat gegenüber dem USD deutlich an Wert gewonnen (im März mussten nur 1,25 USD je Euro gezahlt werden). US-Investoren, die jetzt europäische Aktien verkaufen und den Verkaufserlös in USD umtauschen, erzielen auch noch hohe Währungsgewinne.

Das bedeutet aber auch: Die US-Investoren werden europäische Aktien abstossen, wenn die Aktienmärkte wackeln, oder wenn der Euro schwächelt. Der Rückfall unter die 1,50-USD-Marke könnte für einige kurzfristig orientierte US-Anleger das Startzeichen zum Rückzug aus Europa gewesen sein. Das würde auch erklären, warum die europäischen Aktienmärkte stärker unter Druck geraten sind als die US-Märkte.

US-Staatsanleihen als "Parkmöglichkeit"

Wie der Zufall es will, gibt es auch die passenden "Parkmöglichkeiten" für die Verkaufserlöse, die wieder im Dollar-Raum angelegt werden sollen. In dieser Woche werden gigantische Mengen von US-Staatsanleihen neu am Markt platziert. Ganz aktuell läuft die Verkaufsaktion für US-Staatsanleihen mit fünfjähriger Laufzeit. 41 Mrd. USD sollen für den Staat eingesammelt werden - ein Rekordvolumen für eine solche Anleihe.

Eine Summe von 41 Mrd. USD kann nicht einfach aus der Portokasse gezahlt werden. Ein Teil des Kapitals dürfte noch am Montag im europäischen Aktienmarkt "gearbeitet" haben. Jetzt laufen die Umschichtungen. Ideal für die amerikanische Regierung, weil sie bei einer hohen Nachfrage wieder nur Mini-Zinsen zahlen muss.

Das Fazit: Die Situation wird für die europäischen Aktionäre nicht einfacher. Jetzt müssen zusätzlich zu den Konjunkturdaten, Immobilienpreisen und Quartalszahlen auch noch die Devisenmärkte beobachtet werden. Mehr zu den Chancen und Risiken in den nächsten Schlussgong-Ausgaben.