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Lohrke: Frösteln in der Sauna

Sehr geehrter Anleger,

 

wenn Sie heute von mir eine Kolumne zu den Stresstests erwarten, dann muss ich Sie leider enttäuschen. Verar.... kann ich mich nämlich selber. Sorry, aber ich wusste schon im Voraus, dass dieser Stresstest nicht die Festplatte wert ist, auf der die Auswertungsdaten gespeichert sind. Und so glaube ich diesem staatlich gelenkten und geschönten Verdummungstest kein Wort.

Warum lösen wir die Soffin denn dann nicht gleich auf, wenn die Banken angeblich so gut da stehen? Die Landesbanken voran. Wobei ich heute in der hiesigen Regionalpresse las, dass die HSH Nordbank AG angeblich wieder 6 Mrd. Euro Verlust machen wird. Die hat wohl den Stresstest verschlafen? Und so werden wir wieder gestohlene Daten von Steuersündern kaufen müssen. Das Signal an alle Daten-Diebe in Liechtenstein, der Schweiz, den Caymans und sonstigen Steuerparadiesen lautet. Jetzt aber mal ran. Uns fehlt es an Nachschub.

Und so wird es uns mit diesem Test wie mit Herrn Ramsauer gehen, der zunächst im Zusammenhang mit den Klimaausfällen der Bahn von "bedauerlichen Einzelfällen" sprach, wo ich und manch anderer schon längst vermuteten, dass diese unglaublichen Vorfälle der mangelnden Wartung und Einsparungen bei den Investitionen und Inspektionen hinsichtlich des Börsengangs geschuldet sind.

Schon bei der Übernahme der Ex-Evonik Tochter AlzChem durch BluO (!!!) und dem anschließenden in der Bevölkerung äußerst umstrittenen Verkauf der Wasserwerke, die Herr Ramsauer interessanterweise befürwortete, machte er in seinem eigenen Wahlkreis schon keine besonders gute Figur.

Und wenn der Verkehrsminister weiter auf seine 500 Mio. Euro Bahn-Dividende besteht, so wird sich auch bei der Bahn nichts ändern. Und so ist es wieder einmal der Staat selbst, der unverantwortlich handelt und zugleich die Position des Eigners und Kontrolleurs einnimmt. Sehr praktisch, oder? Oder gibt es da vielleicht Interessenskonflikte? Quo Vadis Deutschland ...

Aber ich will heute gar nicht länger als nötig über diesen lästigen Schmus schreiben. Ich finde heute ein paar Meldungen rund um die Rohstoffe viel interessanter. So verstärken die japanischen Reeder ihre Kapazitäten auf der China - Afrika Route. Und zwar nicht weil das Wasser dort so blau ist und die Landschaft so schön, sondern weil sich die rohstoffgetriebene Außenwirtschaftspolitik der Chinesen endlich spürbar auszahlt und die ausgiebig vorhandenen Rohstoffe ins Reich der Mitte transferiert werden müssen.

Deutschland steht wieder einmal außen vor. Wobei ich las, dass an Bord der Kawasaki Kisen Kaisha Ltd. auch ein paar deutsche Reeder kommen durften. Und so werden von Shanghai aus Ghana, Nigeria und Südafrika angefahren. Oder sagt man angeschifft? Wohl eher nicht.

Und so muss man wohl feststellen, dass wir Afrika einen viel größeren Gefallen tun würden, wenn wir statt unserer gutherzigen Spenderherzen den Unternehmern und Bewohnern Afrikas die europäischen (Agrar-) Märkte öffnen würden und die Subventionen im Agrarbereich, die mehr als 50 % des EU-Haushalts ausmachen deutlich herunterfahren. "Hilfe zur Selbsthilfe" verkommt ansonsten zu einem wenig ernst gemeinten Slogan.

Aber zurück zu China und den Rohstoffen. Dieses Land hat einen gewaltigen Rohstoffhunger und ist nicht zuletzt deshalb einer der großen Rohstoffnachfrager der Welt. Betrachtet man z.B. die weltweiten Nachfrager nach Aluminium und Kupfer seit 1999 so ist China mit über 15 Mio. Metric Tonnen einer der größten Käufer. Mit 5 Mio. Metric Tonnen kommen dann - weit abgeschlagen - andere Schwellenländer, die als Käufer auftreten. So ist es nicht nur in diesem Segment.

Und deshalb ist auch nachvollziehbar, warum jetzt, wo die chinesische Konjunktur etwas zurückgeht, die Rohstoffpreise zum Teil deutlich nachgeben. Wobei ich immer wieder darauf verweise, dass die konjunkturelle Dämpfung in China gewünscht ist und das Land sofort wieder Gas geben könnte. Und ich so die Bewegungen an den Rohstoffmärkten nicht wirklich nachvollziehen kann. Und so sind die Preise seit ihrem Höhepunkt Mitte April bei Aluminium um -18 %, bei Kupfer um -13 %, für Blei um -19 % und für Nickel um -27 % gesunken. Und auch die Stahlpreise sind um -15 % zurückgegangen. Wobei inzwischen manche Preis wie z.B. Kupfer schon wieder auf dem Weg nach oben sind.

Wer also A oder Rohstoffe sagt, muss auch B oder China sagen. Denn China zeichnet für 66 % (!!!) aller weltweiten Eisenerzimporte verantwortlich. Bei Aluminium, Kupfer und Zink sind es immer noch 40 %. Da ist es nur allzu verständlich, dass China inzwischen die USA als größten Energieverbraucher abgelöst hat. Im Konsumbereich liegen die Importe Chinas gemessen an allen Importen weltweit übrigens nur bei schwachen 4 %.

Länder wie Australien, die ca. 22 % aller ihrer Exporte nach China liefern, können wohl inzwischen als von China abhängig zu bezeichnet werden. Oder sollten wir es Schicksalsgemeinschaft nennen?

Und so wie ich die seinerzeit die Rohölblase gesehen und gegen sie angeschrieben habe, bin ich jetzt davon überzeugt, dass die Rohstoffpreise tendenziell zu niedrig sind und wieder steigen sollten. Das sieht übrigens auch die Bank of Canada in ihrem April-Bericht so. Sie geht davon aus, dass die Preise in den nächsten drei Jahren mindestens +30 % zunehmen.

Insofern kann ich die Kollegen vom Wall Street Journal beruhigen. "Frösteln" muss man angesichts solcher Aussichten nun wirklich nicht. Und diejenigen, die das dennoch befürchten, können ja noch schnell noch eine Reise mit der Deutschen Bahn buchen. Da ist die Saune kostenlos im Preis inbegriffen. Im Gegenteil. Jetzt bekommt er nicht nur einen Gutschein, sondern auch noch 500 Euro oben drauf. Da soll noch einmal jemand sagen, dass Bahnfahren teuer zu stehen käme.